Backhaus in Stettbach
Entstehung
Von etwa 1820 bis Mitte der 1950er Jahre stand im Zentrum von Stettbach ein Backhaus. Nach dem Abriss lag der zentrale Standort im alten Ortskern lange Zeit brach, bis er dann irgendwann als Müllsammelplatz mit Glas-, Dosen-, Altkleider- und Batteriecontainern genutzt wurde. Der Platz liegt in direkter Nachbarschaft denkmalgeschützter Anlagen und war schon immer Dreh- und Angelpunkt des Dorfes. Hier traf man sich, denn es ist die Dorfmitte. Die Hauptstraße führt direkt auf den Standort zu und bildet dadurch einen wichtigen Blickpunkt, der das Ortsbild von Stettbach stark und nachhaltig prägt. Über viele Jahre wurde durch den Müllsammelplatz das Ortsbild enorm abgewertet.
Anlässlich der für Oktober 2020 geplanten Jubiläumsfeier zur ersten urkundlichen Erwähnung Stettbachs vor 600 Jahren, wollten sich die Stettbacher ein besonderes Jubiläumsgeschenk machen. An der gleichen Stelle und in Erinnerung an das damalige Backhaus, sollte ein neu interpretiertes „Backhaus“ gebaut und an der Jubiläumsfeier eingeweiht werden.
Das Konzept
Backhäuser waren früher ein zentraler Dreh- und Angelpunkt in vielen Dörfern. An den Backtagen wurde gemeinsam Brot gebacken. Sie waren ein wichtiger Bestandteil zur Förderung der dörflichen Gemeinschaft.
Das neue Stettbacher Backhaus sollte einen Brotbackofen, Sitzmöglichkeiten drinnen und davor, WLAN und einen Frischwasserspender haben. Durch die geplante moderne Bauweise mit historischen Baumaterialien und Ausstattung in der zentralen Ortslage sollte ein attraktiver und sich harmonisch ins Ortsbild einfügender neuer Dorfmittelpunkt geschaffen werden. Zur Förderung der dörflichen Gemeinschaft sollten, wie früher, regelmäßige gemeinsame Backtage stattfinden. Zudem soll es dem Tourismus und den vielen durch Stettbach fahrenden Radfahrern frei zur Verfügung stehen Denn die Region ist bei Radfahrern und Wanderern sehr beliebt, denen ein außergewöhnlicher Zwischenrastplatz in optimaler Lage zur Verfügung stehen soll.
Die Realisierung
Die Müllsammelplatz störte schon lange im Ort. Der Feuerwehrverein kam zusammen mit einigen Stettbachern auf die Idee, selbst ein Backhaus in Eigeninitiative zu bauen. Doch im öffentlichen Raum und zudem auf einem Grundstück der Gemeinde war schnell klar, dass das so nicht funktioniert. Die Hindernisse und Auflagen wären zu hoch gewesen.
Zunächst wurde deshalb eine Ideenskizze erstellt, in der das neue Backhaus im Entwurf mittels Fotomontage in das Ortsbild eingefügt wurde. Eine erste Kostenschätzung wurde ebenfalls vorgenommen. 70.000 Euro aus dem Bauch heraus dachten wir, würden wohl reichen. Damit wurde zunächst mal beim Bürgermeister der Gemeinde „angeklopft“, ob so was überhaupt denkbar wäre. Im Rathaus war man grundsätzlich von dem Vorhaben angetan. Klare Botschaft war aber auch, es durfte den Gemeindehaushalt nicht belasten. Zu viele andere Projekte in der Gemeinde hatten Vorrang. Dafür hatten wir Verständnis und es war also klar, dass wir uns um die Finanzierung selbst kümmern mussten, wenn das Projekt realisiert werden sollte. Nach dem positiven Signal haben wir dann als nächstes beim Landkreis Darmstadt-Dieburg, Amt für Dorf- und Regionalentwicklung unser Konzept vorgestellt. Dort fand das Projekt ebenfalls sofort Zustimmung und uns wurde kurz darauf ein Zuschuss aus dem regionalen Förderprogramm des Landes Hessen in Höhe von rund 50% der Baukosten in Aussicht gestellt. Das war gut, reichte aber nicht.
Zwischenzeitlich hatten auch die Medien von dem Vorhaben Wind bekommen und es gab einen großen Artikel im Darmstädter Echo. Das Feedback aus der Region war durchweg positiv. Wir haben dann gezielt einzelnen potenzielle Spendern das Konzept vorgetragen. Die positive Berichterstattung im Echo war sicher nicht zum Nachteil für uns. Denn auch von den angeschriebenen Spendern erhielten wir ordentliche Spendenzusagen. Allerdings gingen wir zu dem Zeitpunkt noch von 70.000 Euro Baukosten aus. Nachdem das auch positiv verlief, wurden die Stettbacher Bürger in einer Informationsveranstaltung über den Projektstand informiert. Das Interesse und die Beteiligung war überwältigend. Jeder konnte seine Gestaltungsvorschläge einbringen, die dann möglichst in die Planungen eingearbeitet wurden. Nachdem die Planungen konkretisiert waren stand dann fest, 70.000 Euro reichen nicht. Es waren dann schon 115.000 Euro. Egal, wie sagte unsere Bundeskanzlerin, „wir schaffen das“. Der Förderantrag wurde mit der neuen Kostenschätzung erstellt und über die Gemeinde eingereicht. Knapp 53.000 Euro standen in dem Zuwendungsbescheid drin, als er erteilt wurde. Dann wurde der Bauantrag vorbereitet und von der Gemeinde eingereicht. Im Vorfeld hatten wir schon vieles auf dem Bauamt abgeklärt, damit es keine bösen Überraschungen gibt und das Antragsverfahren verzögert wird. Schließlich soll es ja im Oktober 2020 stehen. Im April 2020, kurz nach Corona, erhielt die Gemeinde dann die Baugenehmigung.
Ab diesem Zeitpunkt traf sich regelmäßig eine Projektgruppe mit Vertretern der Gemeinde, den Architekten und dem Stettbacher Backhausteam. Die Formalien mussten bei allem genau eingehalten werden, sonst wäre möglicherweise der Zuschuss weg gewesen. Die Ausschreibungen wurden vorbereitet und auf den Weg gebracht. Doch es kamen keine Angebote. Die Auftragsbücher vieler Baufirmen waren voll und sie hatten erst im nächste Jahr wieder freie Kapazitäten. Nach vielen Telefonaten und einer weiteren Ausschreibungsrunde, konnten dann doch Unternehmen gefunden werden.
Am 3. Oktober 2020 fand endlich der Spatenstich zum Baubeginn statt. Trotz strömenden Regens waren zahlreiche Besucher gekommen. Unter anderem Vertreter von Presse und Rundfunk. Auf dem Bild sind von links Ralf Steinmetz, Bürgermeister Alexander Kreissl, Gemeindevorstandsmitglied Rainer Anders, Architektin Carolin Forthuber und Justin Steinmetz zu sehen.
Die Bauarbeiten schritten trotz teilweise widrigen Wetter seitdem gut voran. Mitte Mai 2021 war jedoch das Budget ausgeschöpft aber noch viele Arbeiten zu erledigen. Es wurde ein erneuter Spendenaufruf gestartet und mit den eingenommenen Spendengeldern und Mithilfe vieler Stettbacher die restlichen Arbeiten in Eigenhilfe erledigt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Ganz besonders wenn man sich vor Augen führt, wie es früher an dieser Stelle aussah.
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